Was werde ich einmal weitergeben können?

"Ich bin ja jetzt eigentlich kein Christ oder so ... Ich gehe auch nicht in die Kirche usw. Aber wenn ich daran denke, dass ich mal Kinder haben will, dann überlege ich schon manchmal, was ich denen mal mitgebe oder in welchem Glauben ich die erziehe ... Ich weiß es nicht so genau ..."

Das sagte vor einigen Jahren ein junger Mann zu mir, ein Praktikant, mit dem ich über das berühmte "Gott und die Welt" sprach. Ich weiß nicht mehr, wie wir auf dieses Thema kamen, aber das weiß man bei solchen Gesprächen nachher meistens nicht mehr; das ist denen so zu eigen, man kommt von Hierhin nach Dorthin, und das ist ja eigentlich das Schöne daran.

Seine Gedanken beschäftigten mich und rührten mich auch, und immer mal wieder denke ich an dieses und andere Gespräche zurück: ein junger Mann, der mal eine Familie gründen will und sich Sorgen macht, was er seinen Kindern einmal wird mitgeben können. Darüber macht sich nicht jeder so ernste Gedanken, obwohl das so wichtig ist. Denn es sind ja nicht nur finanzielle Möglichkeiten und materielle Güter, die wir unseren Kindern einmal sicherstellen und mitgeben, nicht nur Nahrung und Kleidung, derer sie bedürfen, sondern sehr bald werden sie uns fragen und wissen wollen, wie wir die Welt sehen und verstehen, um sie dadurch selbst verstehen zu lernen. Und so wenig es gesund ist, dass Kinder einfach nur blind übernehmen, was die Eltern glauben und denken, und ihnen einfach nur nachsprechen, so wenig gesund ist es, sie damit einfach ganz alleine zu lassen. 

Was werde ich einmal weitergeben können? Spätestens bei den Kindern, wenn man nicht mehr nur für sich selbst da ist, wacht diese Frage auf oder sollte aufwachen. Selbst, wenn man meint, zuvor alleine durchs Leben gekommen zu sein oder sich einfach nur nicht dessen bewusst ist, was einem mitgegeben wurde, spätestens bei den eigenen Kindern fasst einem diese Frage ans Herz und lässt nachdenklich werden. Es ist eine Frage für die Kinder und nach sich selbst. Das ist ganz oft so: unsere Kinder werfen die Frage auf, wer wir selbst sind, woraus wir leben, was wir vermachen. Und letztlich werfen sie diese Frage nicht nur den Eltern gegenüber auf, sondern der ganzen Gesellschaft gegenüber, denn wir leben nicht nur abgeschlossen in der Familienbande. 

So vieles, was so existenziell wichtig ist für unser Dasein, wird wachgerüttelt, wenn wir Kinder in diese Welt setzen: In was für eine Welt gebe ich sie? Spüren und wissen sie, dass sie geliebt werden? Lernen sie, sich selbst zu lieben, wie sie geliebt sind? Aus welcher Liebe, aus welcher Quelle schöpfe ich selbst für mein Leben? Was kann ich mitgeben? Ist das alles hier einfach nur das irdische, menschliche Miteinander, oder ist es mehr als das? 

Wenn wir es nicht zuvor schon erkannt haben, im eigenen Herzen, in der Liebe, in der Familie, aus der man selbst kommt, in tiefen Freundschaften, in einer Gemeinschaft, wo auch immer, spätestens bei den eigenen Kindern kann man begreifen, dass das Geheimnis des Lebens größer und tiefer ist als dieses sichtbare irdische Treiben. Sollten wir es auch vorher aus den Augen verloren haben, als wir glaubten, wir gehen allein, spätestens bei den eigenen Kindern ist uns das zu wenig. Sie sagen uns ohne Worte, dass sie mehr sind als das, was wir hervorbringen können, dass wir selbst mehr sind als das, was unsere Eltern hervorbringen konnten. Sie erklären nicht, sie philosophieren nicht wie ich es hier tue, sondern ihr ganzes Dasein spricht zu uns. Und in den Herzen der Eltern wird der Wunsch, wird die Hoffnung geweckt, dass Jemand auf sie aufpasst, der höher ist als wir, der bei ihnen ist, wenn wir es nicht können oder eines Tages nicht mehr sind.

Durch die Kinder kann man lernen, was Glaube bedeutet, was Liebe bedeutet, was Hoffnung bedeutet, diese drei, die in der Bibel so angepriesen werden (vgl. 1Kor 13,13). Und auch wer meint, Gott und seinen Glauben schon gut zu kennen, er lernt ihn durch seine Kinder wieder neu kennen. Ganz vieles, wovon der Glaube redet, wird so klar und lebendig, wenn man Kinder hat, und konnte man zuvor gar nicht wirklich ermessen. Aber das wäre eine eigene Andacht wert.

Was werden wir einmal weitergeben? Ich weiß nicht, wie es bei ihm weiterging; der Kontakt verlor sich mit den Jahren. Ich wünsche ihm und der Familie, die er vielleicht inzwischen hat, Gottes Segen, und erinnere mich gerne an ihn.






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