In guten wie in schlechten Tagen

Im Buch des Predigers heißt es: Am guten Tag sei guter Dinge, und am schlechten Tag, da bedenke, Gott hat auch diesen gemacht ebenso wie jenen, und der Mensch macht nicht ausfindig, was nach ihm geschieht. (Pred 7,14)

Man freundet sich da manchmal schwer mit an, dass das so sein soll, nicht wahr? Dass man Gutes und Schlechtes aus der Hand dieses einen Gottes nehmen soll, beides in ihm letztlich seinen Ausgang haben soll und er dadurch so fremd und unbegreiflich wird. Was einem durch Predigt und Glaube nahbar und freundlich geworden ist, wird durch derlei Sätze manchmal so verdunkelt und Fragen kehren wieder, die man verstanden zu haben meinte. Und liest man solche Stellen mit Trotz, so bleiben sie fremd, stellt man aber die Frage "Was bedeutet dies?", und wagt sich hinein, dann werden sie klarer und vertrauter. Das mag nun sehr banal klingen, man muss Texte ja immer verstehen, damit sie klarer werden, aber bei den biblischen Schriften wird das oft sehr eindringlich deutlich; widerstrebt einem etwas, dann wird man beunruhigt und man fragt sich, wie das sein könne, und lauter Wege, die einst hell erleuchtet waren, liegen plötzlich im Dunkeln. Man möchte gerne, dass alles stimmig ist, und wenn das Vertraute auf einmal unnahbar und fremd erscheint, dann kommen Sorge und Verunsicherung auf: Hat man sich vielleicht getäuscht? Hat man etwas übersehen oder nicht verstanden? Kann man das einfach beiseite lassen, aber warum ist es dann da? Und hat nicht, mal ganz abgesehen von Textstellen, das Leben selbst auch schon so ein Licht auf Ihn geworfen? Ist das alles nicht erstaunlich nah und echt am Leben dran? 

So ist es wohl, und das Nachfragen hilft und bereichert. Der Prediger philosophiert in seinem ganzen Buch über das Leben, stellt meistens fest, wie nichtig und vergänglich alles Dasein und die Dinge des Lebens sind, und will uns hier wissen lassen, dass alle Tage, die guten wie die schlechten, von Gott gemacht sind und wir Menschen nicht wissen, was folgen wird, ob weitere üble Tage oder wieder bessere, oder gute oder noch schlimmere, usw. Warum sagt er uns das? Der Prediger wirft einen ganz nüchternen, realistischen Blick aufs Leben und versucht keine feingeistigen Unterscheidungen: Alles, was dir widerfährt, kommt aus Einem, und du weißt nicht, was danach kommen wird. Ebenso, wie der gleiche Himmel Tageshelle und die Dunkelheit der Nacht zeigt, Morgenröte und grauen Schleier, strahlendes Blau und trüben Regen, Sternenzelt und Stürme, ebenso ist alles Gute und alles Schlechte aus einem Himmlischen, aus einem Erhabenen.

Und eben darauf, will uns der Prediger sagen, sollen wir unser Zutrauen richten, sollen es wissen, weil es Weisheit des Lebens sei. Wenn wir uns einander versprechen in Partnerschaft und Ehe, in "guten wie in schlechten Tagen", dann wollen wir, dass etwas Höheres als diese guten und schlechten Tage über alledem lebt und wacht, nämlich die Liebe; wenn wir einen Freund in unser Herz lassen und uns zusichern, dass wir zueinanderstehen, in den guten und den miesen Zeiten, dann sagen wir, dass etwas Stärkeres als solche guten und schlechten Zeiten alldas hält, nämlich die Freundschaft. Das sagt uns der Prediger in diesen Worten: ob gute oder schlechte Tage, ob Glück oder Ungewissheit und Widrigkeiten, über allem lebt und wacht Gott, alles hält er und nichts geht ihm verloren, und die unbekannten Tage sind ihm gegenwärtig. Wäre ein schlechter Herr der Herr des Schlechten, und Gut und Böse ein Kampf zwischen zwei Herren, wie unsicher und ungewiss wäre alles? Wir wissen es doch aus unserem eigenen Herzen, wo Gut und Schlecht miteinander fechten, wie unsicher, wie wechselhaft, wie schwach letztlich alles ist, wie alles letztlich doch immer der Neigung, dem Gefälle folgt, anstatt den Berg zu erklimmen und oben klaren Blick zu haben.

Damit lässt uns der Prediger nicht allein, auf gut Glück zu hoffen, dass gute Mächte gegen die schlechten bestehen und vielleicht siegen. Sondern alldies Gute und Schlechte, all der Kampf, alle Widrigkeiten, alle Tage dieses Lebens, alles liegt in Gottes Händen, denn in ihm leben, weben und sind wir ... (Apg 17,28)



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