Gründonnerstag


Hier ist Jesus zum letzten Mal so mit seinen Jüngern zusammen. Er ist mit ihnen zusammen und gleichzeitig einsam, wie so oft in seinem Leben: mit ihnen zusammen, mit ihnen verbunden, und gleichzeitig einsam. Wie bei vielen gemeinsamen Mahlzeiten, bei Feiern und Gastmählern, bei versammelten Menschenmengen, die ihn hören, die ihn sehen, die ihn berühren wollen, er ist voller Anteilnahme, voller Freude, er lebt gerne und genießt es, mit den Menschen zu sein. Gleichzeitig - wenn sein Blick über die Menge geht, über die Hochzeitsgäste oder seine Jünger hier am Tisch - nimmt sich etwas in ihm zurück und sagt: Meine Kinder!, sagt es zu Menschen, die älter sind als er, die mehr und länger gelebt haben, die erfahrener und weiser sein müssten; sein Blick auf ihnen, sagt er es ihnen: Meine Menschenkinder!, sieht alldas Leben, all die Widrigkeiten, all die Entbehrungen, all die Sorgen, all die Verlassenheit und Not des Menschen in dieser Welt, sieht all die Unzulänglichkeit und Unvollkommenheit. 

Hier muss es offenbar werden, das Bündnis mit den seinen, der Verrat, die Verleugnung, die schlafenden Freunde, die Einsamkeit. Hier wäscht er ihnen die Füße und lehrt sie: Wenn ihr euch von mir nicht dienen lasst, so könnt ihr nicht zu mir gehören!, und: Wenn ihr den Menschen nicht dient, wie ich euch gedient habe, so könnt ihr nicht zu mir gehören! Hier hält er das Abendmahl mit ihnen und sagt ihnen, dass er sich für sie, für die Menschen, für die ganze Welt dahingibt aus Liebe. Hier eröffnet er ihnen, dass ihn jemand unter ihnen verraten wird und lässt sie mit ihrer Frage eine Weile alleine: Bin ich es? Bin ich es, der dich verraten wird? Er muss sie einen Moment damit alleine lassen, denn sie sollen, sie müssen sich diese Frage stellen. Den Verräter aber schickt er aus der Gemeinschaft weg, damit er tut, was er tun muss.

Hier geht er mit ihnen hinaus in die Nacht, die ihn begleiten und die ihn verlassen werden, hier lehrt er sie, in ihrem Zimmer und auf dem Wege, in zahlreichen Reden und Gleichnissen die Geheimnisse und den Weg Gottes, wie er es immer getan hat: dass sie untereinander Liebe haben sollen, dass er der Weg zum Vater ist und niemand sonst, dass er sie verlassen muss, sie aber nicht zurücklassen wird, sondern ihnen den Geist Gottes sendet; dass er ihr Friede und ihr Trost ist in allen Kämpfen und Widrigkeiten, dass er selbst das Leben und die Kraft ist, die sie erfüllt, der Weinstock für die Reben ... 

Hier geht er in den Garten Gethsemane, wendet sich von seinen Jüngern weg und betet zu seinem Vater in Todesangst, ob vielleicht alles anders sein könnte, ob vielleicht alles einen anderen Weg nehmen könnte. Und sein geliebter Vater, mit dem er redet, mit dem er immer geredet hat, schweigt. Er schweigt, und auf diese Weise redet er zu ihm: Du musst diesen Weg gehen. So sollen wir uns verinnerlichen, wenn er einmal schweigt in unserem Leben, dass er uns sagt: Du musst diesen Weg gehen. 

Hier schaut keiner auf ihn und sagt: Ach, mein Menschenkind!, denn seine Jünger waren müde geworden und schlafen. Hier, im Garten, ist das Geheimnis des Menschenschicksals verborgen, denn in einem Garten lebte der Mensch mit Gott, wurde verführt und von Gott entfremdet, wie die Schöpfungsgeschichte erzählt. So werden wir geboren in diese Welt und kennen unseren Herrn nicht, unsere Lebensquelle, unsere Heimat, suchen immerzu woanders Herren, suchen Erfüllung und Leben, suchen Heimat und Ruhe, und sind unstet und rastlos und voller Sehnsucht.

Hier hat er Angst, so wie die Menschenkinder, und zeigt uns, wie wir leben sollen, im Vertrauen zum Vater: Nicht wie ich will, Vater, sondern wie du es willst, so soll es geschehen! 

All dieses Menschenschicksal, das uns von Gott trennt, das ihn uns fremd macht, alldas hat er auf sich genommen, hat es getragen, hat sein Leben hingegeben und hat es überwunden. Wie er sagte: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33) 

 

 

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