Verbrachte Jahre

Mein Herr,
bin ich noch zu jung, um auf gemeinsam verbrachte Jahre zurückzublicken? Ich denke nicht.
Du jedenfalls bist nicht "zu jung". Du bist der Uralte an Tagen, wie Daniel schrieb.
Du hast vom ersten Moment an Wache gehalten über mein Leben und meinen Weg.
 An der Wiege, als ich noch nichts wusste, hat Dein guter Engel neben liebenden Eltern gestanden.
 Du hast mir Zeit gelassen, Du hast alle Schritte vorausgesehen, die ich brauchte, um zu lernen.
 Du hast mich widersprechen lassen, Du hast mich mit Dir kämpfen lassen.
 Du hast mich zurechtgewiesen, mich Gut und Böse gelehrt und dass ich niemals, niemals Böses gut und Gutes böse nenne.
 Du hast mich vor falschen Wegen bewahrt und meine Feinde abgewendet.
 Du hast mich getröstet, Du hast mit mir geweint, Dich mit mir gefreut.
 Du hast mir vergeben, wo ich so verfehlt habe und meinen Stolz so gebrochen, dass ich lernte, um Vergebung zu bitten.
 Du hast mich gelehrt, zu vergeben.
 Du hast mich gelehrt, zu sterben. Du hast mich gelehrt, zu leben.
 Du hast mir Dein Leben hingegeben und Dein Licht in mir entzündet.

Heute stehe ich an der Wiege, schon wieder, und blicke mit meiner Liebsten voller Dankbarkeit in die großen, begeisterten Augen unseres Sohnes, während unser anderer sich so langsam bewähren muss in dieser großen weiten Welt.
 Heute habe ich das Herz, heute habe ich die Freude, heute habe ich Geduld, heute habe ich Sorge, heute habe ich zu beten: Segne uns, Vater, und leite uns auf all unseren Wegen.
 Dieser ganze Pfad, der, auf den ich zurücksehe, und der, den ich noch gehe und auf dem ich nur ein Wanderer bin, wie man so sagt, ist eingehegt in Deine Liebe und Dein heiliges Wissen.
 Ach, wir sind Gäste auf Erden, Vater, und alles ist geschenkt, nichts gehört uns! Wie heilsam und dankbar es ist, wenn man lernt, dass einem nichts gehört.
 Es ist alles Dein. Es sei alles Dein.
 Ich danke Dir!

Amen. 

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