Ergebung

Allen Gründen, die die Welt und die Menschen einem zuweilen vorlegen wollen, muss ich schließlich doch widersprechen:
 Ich liebe das Leben. Ich liebe all die Schönheit, die Freude, das Lachen mit geliebten Menschen, die Gespräche, die niemals eine endgültige Antwort finden, sondern ewig bleiben. Ich liebe zu lernen, Erkenntnis zu gewinnen, nach langem Forschen und Nachsinnen klar zu sehen und zu verstehen. Ich liebe, nachts in den Sternenhimmel hochzublicken - diese unglaubliche Kathedrale - die Stille, das Schweigen und das Sprechen ohne Worte, nur durch Blicke oder mit anderen Sinnen, die nur uns gehören. Ich liebe diese mir so Liebgewordene, meine Gefährtin durch alle Widrigkeiten, meine Sorgenvolle, mein ehrlichster Widerspruch, meine Wissende, meine geliebte Freundin, Haus und Hege von allem, was ich jemals gut gemacht habe im Leben, diese beiden. Alles, was mir so lieb und teuer ist, was so unverdient über mich ausgegossen wurde wie Salböl über Könige, all der Segen.
 Und auch das Weinen, auch die Trauer, all die Entbehrung, der Verlust - zu lernen, dass mir nichts gehört und ich von manchem Abschied nehmen muss, was ich ins Herz geschlossen habe, von manchen Abschied nehmen muss, die ich geliebt habe; auch die Sorge über diese Welt, über die Zukunft meiner Kinder, das Mitgefühl mit dem Leiden der Menschen, die bitteren Prophezeiungen der Natur, zu sehen, dass wir verfehlen, und zu erkennen, dass alldem etwas Heiliges innewohnt und nur der Heilige alldies bewahren kann: auch das liebe ich. Was manchen erstmal so unverständlich erscheint, aber es ist, wie wenn jemand am Sterbebett seiner Geliebten sitzt, ihre Hand hält, sie betrachtet und ihren schweren Atem verfolgt, betet, weint und wartet, ob ein Erwachen käme oder der Tod, und nichts mehr hat außer Erinnerungen und Liebe. So müssen dir alle Entbehrungen sein. Und wo dies erkannt wird, da ist Hingabe. Am Ende des Tages ist kaum etwas eine Sache von Argumenten, sondern Hingabe ist der Grund für alles wirklich Wahre in unserem Leben, und es gibt keine Hingabe ohne Vertrauen.

Ich bin ein Gast auf Erden. Und ich will, ob Segen oder Entbehrung, niemals mich abwenden von Dir, mein Herr.

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