Webstuhl

Gott sitzt am Webstuhl meines Lebens
Und seine Hand die Fäden hält
Er wirkt und webet nicht vergebens
Wenn ihm ein Muster wohlgefällt

Mir will es manchmal seltsam dünken
Wie er die Fäden so verwirrt
Doch niemals seine Arme sinken
Wenn er das Weberschifflein führt (...)

Das ist aus einem alten evangelischen Lied.
 Ich finde es so zutreffend, denn wir Menschen sind nicht aus einem Guß. Wir sind auch nicht "aus einem Holz geschnitzt", wie man so sprichwörtlich sagt;
 sondern wir sind zusammengeflochten: aus Gedanken, Gefühlen, Wünschen, Hoffnungen, Vorstellungen, Erfahrungen, aus Licht und Dunkelheit, aus Leben und Tod. - Ein wunderbares, faszinierendes und verworrenes Geflecht aus Lebensgeschichte.
 Ich möchte gerne, dass ihr immer daran denkt: nichts in eurem Leben ist fehl am Platz. Das mag brutal klingen, wenn man daran denkt, was manche Menschen ertragen müssen, aber es gehört tatsächlich alles dazu, auch das Traurige, auch das Schlimme, auch das Dunkle manchmal. Alles Geschehene, alles Widerfahrene ist eingeflochten, wunderschön, rührend, traurig, intensiv, bedrückend, schmerzend, erhebend, belebend ... Das große ganze Bild können wir nicht sehen. Wir können immer nur auf dem Weg, auf dem wir sind, manchmal vielleicht innehalten, den Schleier etwas lüften und erkennen, wie wundersam alles miteinander zusammengebunden ist.
 Ich fand es schön, in der letzten Zeit daran zu denken: wir alle, die wir hier sitzen, sind zusammengeflochtene Lebensgeschichte. Manchmal lösen sich gewisse Verbindungen wieder, jemand geht (diesmal bin ich es) und das Muster ändert sich. Aber was dort zusammengebunden wurde, gehört in das ganze Bild, in die Geschichte; ich kann nicht sagen, das habe nichts mit mir zutun. Ihr seid in mein Leben verwobene Geschichte und in meine Geschichte verwobenes Leben.

Es war mir eine große Freude, euer Kollege zu sein.
Ich danke euch für alles und ich werde euch sehr vermissen.


Donnerstag, der 12. April 2018 

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